2010/07/13

Cotopaxi & Chimborazo

Der DEFA Regisseur Rainer Simon drehte in den 70iger und 80iger Jahren eine Reihe von realistischen Filmen über das Leben in der DDR. Meist wurden von diesen Filmen nur geringe Anzahlen von Kopien angefertigt und diese dann in besonders kleinen Filmkunsttheatern gezeigt. Oft musste Simon zuvor Szenen wegschneiden, neu drehen und Dialoge komplett umschreiben. Der Film „Jadup und Boel“ zum Beispiel, wurde erst acht Jahre nach seiner Fertigstellung aufgeführt. (1988) Andere Projekte wurden bereits vor der Umsetzung verworfen.
In dieser Zeit beschloss Simon keine Gegenwartsfilme mehr zu drehen. Als ihm ein Buch über Alexander von Humboldt angeboten wurde, griff er zu.

Der 1988 in Ecuador gedrehte Film "Die Besteigung des Chimborazo" handelt vom Ringen des jungen Humboldt (Jan Josef Liefers) gegen scheinbar feststehende Weltbilder. Der Chimborazo (6.310), galt damals noch als höchster Berg der Erde. Tatsächlich ist er der höchste Berg Ecuadors und einer der höchsten Vulkane der Welt. Humboldt scheiterte im Jahr 1802 grandios an diesem Eis-Klotz, erreichte aber 5.500 Meter. Er kam damit höher als jeder Mensch vor ihm.
Als der Film 1990 in unsere Kinos kam, war ich etwas enttäuscht, denn von Humboldts Besteigungsversuch war die meiste Zeit nur weiße Suppe aus Nebel und Schnee zu sehen. Trotzdem setzte sich der Berg in meinen Gedanken fest.
Nun weiß ich, dass es am Chimborazo fast immer so aussieht. Vielleicht war seine wahre Höhe so lange ungewiss, weil er im Nebel eingehüllt, fast nie zu sehen ist.
Man geht den Berg Nachts an, um bei Sonnenaufgang den Gipfel zu erreichen. Schon im Laufe des Vormittages zieht ein dichter, feuchter Nebel auf, der die Orientierung und Wegfindung im Abstieg erschwert. Der Schnee weicht auf und man sinkt sehr tief ein.


Der Zugang zum Chimborazo ist heute einfach. Eine Schotterpiste führt bis zu einem Parkplatz auf 4.800 Metern Höhe. Dort und auf 5.000 Metern gibt es jeweils eine Berghütte zur Übernachtung. Der weitere Weg ist eine anspruchsvolle Eistour in bis zu 45 Grad steilen und mit tiefen Spalten durchzogenen Gelände. Wegen dieser Spalten und einer generell schwierigen Wegfindung, ist von Alleingängen abzuraten. Ich kletterte darum mit einem lokalen Führer.

An Gipfeltag (04.07.) verfluchte ich mich dafür, mein Training in den letzten Wochen so nachlässig betrieben zu haben... Die steilen Anstiege, über vereiste Felsen und vor allem tiefe, vom Wind zerfurchten Schneehänge, forderten meine komplette Kraft. Unsere Route führte uns direkt zum "Veintimilla-Gipfel" (6.267), den wir bei Sonnenaufgang erreichten. Dieser Punkt wird bereits als Gipfelerfolg anerkannt. Etwas höher (6.310) allerdings liegt der "Whymper-Gipfel", ein mäßiges Hügelchen im Gipfelplateau, etwa 30 Minuten von der "Veintimilla" entfernt. Wir versuchten dorthin zu gelangen. Die kleine, zwischenliegende Mulde war an diesem Tag allerdings komplett spaltenverseucht und eine mögliche Umgehung recht ungewiss. Also erklärten wir in der Mulde den Chimborazo für bestiegen und quälten uns ein zweites Mal zur sturmumheulten "Veintimilla" hinauf. Immerhin waren wir die einzigen Bergsteiger des Tages (von etwa 20), denen das gelungen war.


Als Lieblingsberg bleibt mir allerdings der Cotopaxi (5.897) in Erinnerung, welchen ich 4 Tage zuvor (30.06.) bestieg. Der noch aktive Vulkan weißt eine ebenmäßige Kegelform auf und hat eine Höhe von 5.897 Metern. Die Besteigung ist weniger anstrengend als am Chimborazo, doch finde ich etwas abwechslungsreicher. Wir bestiegen ihn sehr leicht und schnell und hätten den Gipfel bereits vor Sonnenaufgang erreicht, legten wir nicht eine 45-minütige "Zwangspause" vor dem Schlussanstieg ein.
Während der Akklimatisation im Cotopaxi-Nationalpark habe ich den Berg vielleicht 100 mal fotografiert. In allen erdenklichen Erscheinungen, bei jedem Licht, mit und ohne Wolken. Er ist einer der schönsten Berge der Welt...

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