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2013/08/29

Nevado Sajama

Als wir am 3. Juni zum Sajama-Basislager aufbrachen, waren wir guter Dinge. Das Wetter sah stabil aus und Dietmar hatte uns Mut gemacht. Im Vergleich zum Pomerape sei der Sajama nicht so schwierig. Es gäbe einen erkennbaren Weg in Sand und Schnee. Der Sajama würde viel häufiger bestiegen.



malerischer Weg zum Basislager

Im nachfolgenden werde ich auf eine Routen-Beschreibung der Normal-Route verzichten und nur auf die Abweichungen meines Versuches eingehen. Neben den Tipps von Dietmar und Choko, habe ich mich an eine relativ genaue Beschreibung aus dem Internet gehalten . klick hier.

Wir hatten ein kleines Problem: im Anmarsch zum Basislager (4.800) bekam Kathrin einen starken Durchfall, der auch am nächsten Tag und den Folgetagen anhalten sollte. Die Schwächung dadurch war so groß, dass wir nicht zum Highcamp aufsteigen mochten. Neben dem Zelt, Essen, Gas und Ausrüstung (wir waren ohne Träger unterwegs) hätten wir ab BC noch mehrere Liter Wasser transportieren müssen. Weiter oben gibt es nichts, als dreckigen Schnee. 


gut sichtbar: der Pfad vom BC zum Highcamp

Ich checkte also am 4. Juni lediglich den ersten Teil der Route zum Highcamp (bis 5.200) und ging dann zurück zum BC, um mich für den Gipfelgang auszuruhen. Eine andere Möglichkeit, als den Durchmarsch vom Basislager, gab es nicht. Mittlerweile hatten wir nicht mehr genug Urlaubstage, um auf bessere Gesundheit zu warten.


Route bei 5.000 Metern

Die Gipfel-Nacht war mondlos und bewölkt. Als ich gegen 3 Uhr, etwas trottelig losstolperte, konnte ich nichts erkennen. Immerhin bin ich aber in die richtige Richtung gelaufen. Nach 150 Metern bekam ich (wohl von der kalten Luft) einen Durchfall. Da ich das nicht in der Nähe des Aufstiegs-Pfades erledigen wollte, entfernte ich mich noch etwas weiter ins Abseits und konnte den Pfad danach vergessen. Meine neue Route führte fortan, nicht links ans untere Ende des Nord-Rückens, sondern etwas oberhalb und total weglos durch Geröll direkt auf die Steilwand des Sajamas zu.


Blick vom BC, man sieht beide Routen sehr gut.
grün: Normal-Route, rot: meine Route bis zum Umkehrpunkt

Links neben den Felsen, hatte ich am Vortag eine brauchbare Eiswand bemerkt. Diese führte zu dem Felssporn hin, an welchem der Platz für das Highcamp gelegen ist. Mit der nächtlichen Orientierung war es nun aber schwierig und es dauerte lange bis ich in schwarzer Nacht den geeigneten Einstieg und eine gangbare Linie fand.
Die Eiswand ist im Durchschnitt ca. 50 Grad steil und ich verwendete beide Eispickel meist mit der Haue. Die Oberfläche bestand aus buckelig, hartem Eis. Insgesamt waren ca. 600 Höhenmeter bis zum Standort des Highcamps zu überwinden, innerhalb derer man besser nicht stürzen sollte.
Der Aufstieg in dieser "Abkürzung" strengte mich körperlich sehr an und im oberen Teil musste ich immer wieder pausieren.


Standort Highcamp, Blick zurück auf meine Aufstiegs-Route

Am Highcamp-Platz überlegte ich im Sonnenaufgang was nun zu tun sei. Ich entschied weiter aufzusteigen. Es gab jetzt immer wieder mal ein flaches Stück und ich konnte mich erholen. Allmählich kam auch die Sonne um die Ecke.
Auf 5.900 Metern erreicht man eine kleine, eisige Canaletta. Diese Stelle gilt als Schlüssel-Passage am Sajama. Im Vergleich zu dem, was ich in der Nacht aufgestiegen war, nicht besonders steil und auch nur ein kurzes Stück. Hier wird normalerweise gesichert. Bei einem Sturz würde man in der Falllinie sonst genau Richtung Kante rutschen und über diese hinaus 700 Meter zum Bergfuß fallen. 


Nordgrat mit Canaletta im Blick (Bild Mitte)

Ich hatte mittlerweile 1.200 Höhenmeter Aufstieg in den Beinen, als ich den Felsgrat vor dem Gipfel-Aufbau erreichte. Den Gipfel konnte man an dieser Stelle allerdings noch gar nicht sehen. Nach dem Felsgrat würden es noch mal 4 Stunden dauern.
Ich überlegte wieder was zu tun sei und rechnete aus, dass ich gegen Mittag auf dem Gipfel sein könnte und noch im Hellen zurück in sicherem Gelände. Ich entschloss mich ohne Rucksack und mit Teleskop-Stöcken, statt Eispickel, weiter zu gehen. Ich dachte im Fels nehme ich die Hände und danach sei es nicht mehr steil.

Eispickel wären besser gewesen, z.B. als Verlängerung der Arme beim Klettern im Fels, der zum Teil mit Eis überzogen war. Ich bin nicht ganz sicher, ob ich 100% richtig über den Grat geklettert bin. Es spricht aber einiges dafür, wie Stellen mit Bohrhaken zum Befestigen von Fixseilen.
Das hier eine Sicherung notwendig sei, stand nicht in der o.g. Routen-Beschreibung. Im Nachhinein würde ich es aber empfehlen.


Felsgrat und Gipfelaufbau

Ohne Sicherung war das mir eine ziemlich wacklige Sache und der Abstieg ist ja meist noch schwieriger als der Aufstieg. Was darauf folgte war eine rationale Entscheidung. Ich registrierte nämlich, dass meine Muskulatur bereits unterversorgt war und es keine 4 Stunden mehr dauern würde, bis der Sauerstoffmangel mein Gehirn erreicht. 500 Höhenmeter waren es noch bis zum Gipfel. Der Grat im Abstieg und ohne Seil nur mit großer Konzentration begehbar, wäre höhenkrank eine Falle. In der Mitte des Grates bin ich umgekehrt, packte meine Sachen zusammen, trank Tee, machte Fotos und stieg über die Normal-Route ab.

Die bolivianischen Bergführer, welche ich später sprach gratulierten mir allesamt zu meiner Entscheidung. Ich bin immer noch froh, so gehandelt zu haben. An dem Tag war ich zu langsam oder der Aufstieg zu lang.
Ich denke, dass ich es noch mal versuchen werde.


   

2013/07/16

Sajama

Bevor ich etwas über die Cordillera Occidental schreibe, möchte ich etwas Werbung für das Dorf Sajama machen. Es ist nämlich so, dass ein Großteil der Trecking-Agenturen, die Berge direkt anfährt und den Ort meidet. Manchmal wird lediglich ein Foto-Stop an der Kirche gemacht. Die Bewohner Sajamas bleiben so, von touristischen Einnahmen ausgeschlossen. Dabei hat sich der Ort auf Besucher eingestellt.


Ausgangspunkt für Individualisten: der Ort Sajama im Altiplano (4.300)

Sajama zählt zwar nur etwa 200 Einwohner, doch bietet nahezu jede Familie Fremdenzimmer an. Ziemlich sicher gibt es mehr "Habitaciónes", als Touristen. Es sind einfache Unterkünfte, ohne Heizung, manchmal mit lauwarmen Wasser, oft in der Tradition der Aymara eingerichtet.
Wir wohnten diesmal im "Hostal Sajama", dem ersten Haus am Platz, bei Ana und Eliseo Alvarez, die auch ein Allrad-Fahrzeug besitzen. Eine Nacht (2 Personen) kostet hier 120 Bolivianos (12 Euro). Dazu kommen 20 BOL für Frühstück und 40 BOL für Abendbrot. Für bolivianische Verhältnisse ist das nicht billig, doch muss man bedenken, dass alle Lebensmittel, inkl. Trinkwasser aus 250 Kilometern Entfernung geholt werden müssen.


Hostal Sajama mit Parinacota im Hintergrund


Ein gutes Frühstück bekommt man auch im kleinen Laden am Plaza an der Kirche, welcher neben Lebensmitteln, eine große Auswahl an Mützen aus Alpaka-Wolle anbietet.
Die Zucht der Alpakas, der Handel mit deren Wolle und die Verarbeitung der Wolle, scheinen die Haupt-Einnahmequelle der Bewohner Sajamas zu sein. Die Tiere trifft man überall im umliegenden Hochland, manchmal auch direkt im Dorf.


Alpakas im Dorf Sajama

Seltener begegnet man den scheuen, wild lebenden Vikunjas. Ihr Lebensraum liegt etwas höher und meist sehr abgeschieden. Um an ihre Wolle zu gelangen, werden die Vikunjas aufwendig in große Gatter getrieben und dort eingefangen.
Es ist die seltenste und teuerste Wolle der Welt. Ein Paar Socken aus Vikunja-Wolle können in Europa 700 Euro kosten, ein Pullover mehrere Tausend.
Wandert man zum Basislager des Nevado Sajama hat man gute Chancen Vikunjas in freier Wildbahn zu sehen.


edle Tiere: Vikunjas nahe des Sajama Basecamp

Gemessen an der Einwohnerzahl, leben in Sajama viele Kinder. Es gibt darum eine Schule, welche aus einem hellen Raum, mit großen Fenstern besteht. Vor zwei Jahren zeigte uns der damalige Lehrer ein zusätzliches Gebäude, mit einer Bibliothek und einem frisch eingerichteten Computer-Kabinett. Beides wurde von einer südamerikanischen Stiftung eingerichtet. Die Installation eines mobilen Internet-Zugangs war geplant.
Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher, ob die Computer noch genutzt werden oder jemals genutzt wurden. Der Lehrer räumte damals ein, dass selten Lehrer länger als ein oder zwei Jahre nach Sajama gehen. Junge Kollegen, die einen Computer bedienen könnten, schon gar nicht. Der Ort sei zu abgelegen und die Bezahlung gering. Das Leben finde in La Paz statt.


Basketball-Training der Mädchen im Dorf


Vielleicht ist es gut, dass Sajamas Kinder ihre Freizeit ohne Computer verbringen. Es werden stattdessen Sport und Musik ernst genommen. Vom Nachmittag, bis zum Sonnenuntergang üben die Jungs auf ihren Blas-Instrumenten und die Mädchen spielen Basketball.
Ich durfte Basketball mitspielen. In einer Mannschaft mit den Trainern, drei gegen drei, Männer gegen Frauen. Wir haben verloren.







2013/06/19

Bolivien

Wir sind zurück aus Bolivien. In vier Wochen war neben den Bergen genug Zeit, auch für Kultur und Menschen. Damit will ich beginnen.


"Gran Poder" Calle Illampu (La Paz)


Reist man über La Paz (zwischen 3.500 und 3.800 Meter) nach Bolivien, benötigt man ohnehin ein paar Tage Akklimatisation, bevor es in die Berge geht. Ich mag La Paz, obwohl die Stadt hektisch, laut und dreckig ist. Vielleicht gerade aus diesen Gründen.
Preiswerte Hotels findet man am einfachsten entlang der Calle Illampu und Sagamaga. Wir wohnten die erste drei Tage und dann immer wieder zwischendurch im Hotel "Cruz de los Andes", in einer Nebenstraße der "Illampu". (Calle Aroma) Für 220 BOL (22€) bekommt man ein sauberes Doppelzimmer mit heißen Wasser, Wi-Fi, Satelliten-TV und inkl. Frühstück.


ganz normaler Verkehr in El Alto (oberhalb von La Paz)

In meiner Kindheit sah ich im Fernsehen eine Reportage über den Titicacasee und es wurde Fernweh geweckt... Diesmal wollte ich mir den Wunsch erfüllen und an dessen Ufer stehen.
Von La Paz (Cementerio) fahren stündlich Busse über El Alto, nach Copacabana (3.850 Meter) am Titicacasee. Die Fahrt dauert etwa dreieinhalb Stunden und kostet, inkl. die Fähre über einen See-Arm, 25 BOL.
Copacabana ist ein bedeutender Wallfahrts- (und Touristenort) am bolivianischen Ufer, des riesigen bis nach Peru reichenden Sees.


Titicacasee

Die Hotels in Copacabana sind in Komfort und Preis vergleichbar mit La Paz. Empfehlung: Hotel Utama, direkt unterhalb des Cerro Calivario (4.018 Meter) und mit Blick auf den Hafen.

Das bolivianische Copacabana ist übrigens deutlich älter, als die berühmte Edelmeile bei Rio de Janeiro (Brasilien). Es gibt eine sehenswerte Wallfahrts-Kirche, vor welcher die Einheimischen am Sonntag ihre Autos segnen lassen.


Hochzeit in Copacabana

Auch vom Cementerio in La Paz kann man in 1,5 Stunden zur Ausgrabungsstätte Tiwanaku fahren. Der Ruinen-Komplex geht auf das gleichnamige Volk zurück, welches in der Vor-Inka-Zeit die Region beherrschte und eine der ältesten Hochkulturen der Welt war. Es gibt mehrere Gebäudekomplexe, bereits ausgegrabene Tempel und aktive Ausgrabungs-Felder.


Tiwanaku

Ebenfalls touristisch einfach, wenn auch weiter von La Paz entfernt, sind die heißen Quellen und Geysire im Sajama-Nationalpark. Dazu fährt man mit einem Bus vom zentralen Busbahnhof in La Paz in Richtung Oruro. Nach etwa 2 Stunden erreicht man den Umsteigeort Patacamaya. Hier fährt gegen Mittag ein Kleinbuss, in 4 Stunden, zum Ort Sajama. (pünktlich sein: fährt ab wenn voll) Alternativ kann für 360 BOL ein Taxi genommen werden. In Sajama bieten Privatpersonen einfache Unterkünfte und Transporte an.
Die Geysire sind in den frühen Morgen- und späten Abendstunden am aktivsten. In den heißesten Quellen kann man ohne weiteres ein Ei kochen. An anderer Stelle ist ein Bad möglich.


heiße Quellen im Sajama-Nationalpark

Im Sajama-Nationalpark ist man bereits mitten in den Bergen. Dazu beim nächsten Mal mehr. Hier nur vorab  unser Reise-Ablauf, inkl. Höhen-Diagramm.


La Paz (mit Illimani im Hintergrund)